Gier Filmkritik

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Finanzinvestments mit 1.300 Prozent Rendite; Ein van Gogh aus der roten Periode; Und was bitte bedeutet “Epibrieren”? Der Film “Gier” von Dieter Wedel beinhaltet eine Vielzahl von Kuriositäten und zielt, wie der Filmtitel schon vermuten lässt, auf eine der größten menschlichen Schwächen ab: Gier. „Gier“ ist ein Film wie er passender in Zeiten von Finanzkrisen nicht sein könnte. Doch Dieter Wedel versucht mit seinem neusten Werk eine glamouröse Gesellschaftssatire zu schaffen und versagt dabei genauso extrem wie unser Finanzsystem in der Krise.

 

“Gier” wirft die Zuschauer gleich am Anfang des Films in die Handlung – und das gekonnt. Der Film handelt von einem angeblichen Finanzgenie namens Dieter Glanz. Sein Ruf eilt ihm voraus. Große Renditen werden seinen Finanzgeschäften nachgesagt. Da verwundert es kaum, dass jeder bei Dieter Glanz Finanzanlagen tätigen will. Selbst die unglaublichsten Gewinnversprechungen von 1.300 Prozent lassen bei seinen Anlegern keine Zweifel aufkommen. Im Gegenteil: die Gier nach mehr und mehr Geld ist größer als die Vernunft.

Bald hat Dieter Glanz eine Gesellschaft von Anlegern um sich versammelt, die ihn vergöttern und mit denen er luxuriöse Partys feiert. Im Glauben an die Unfehlbarkeit ihres Finanzidols verschulden sich sogar einige Gläubiger, um noch mehr Geld anzulegen. Das System “Gier” funktioniert. Doch nachdem für seine Gläubiger die finanzielle Lage immer enger wird, fordern sie die versprochene Gewinnausschüttung. Dieter Glanz versteht es jedoch wunderbar, seine Gläubiger hinzuhalten. Immer wieder verspricht er neue Auszahlungstermine, die er kurz vor der Frist platzen lässt.

Glanz spielt mit den Reichen. Er erfindet Wörter wie “Epibrieren”, verkauft ihnen einen van Gogh aus der “roten Periode” (die es nie gegeben hat) und niemand aus der reichen Gesellschaft wagt es, die Unkenntnis zuzugeben.

“Gier” basiert auf einer wahren Begebenheit. Vorlage des Drehbuches war der ehemalige Wirtschaftskriminelle Jürgen Harksen. Der Film betont zwar in Vor- und Abspann, dass kein Zusammenhang zwischen lebenden Personen bestehe, die Parallelen zwischen Dieter Glanz und Jürgen Harksen sind jedoch unverkennbar.

Hintergrund: Jürgen HarksenJürgen Harksen (geboren 1960 in Flensburg) betätigte sich seit 1987 als Hamburger Geldanleger. Er köderte seine Kunden mit Renditeversprechungen von bis zu 1.300 Prozent. Seine Kunden investierten daraufhin Millionenbeträge. Selbst Dieter Bohlen und Udo Lindenberg sollen zeitweise bei ihm investiert haben. Die angeblichen Investments hatte es jedoch nie gegeben und Jürgen Harksen nutzte die Anlagen seiner Kunden, die ca. 150 Millionen betrugen, für seinen dekadenten Lebensstil. Nach einer letztendlich erfolglosen Flucht nach Südafrika wurde er 2003 vom Landgericht Hamburg zu 6 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Quelle: Wikipedia

Nun gut, die Realität hat uns eine brillante Vorlage für einen Film geliefert. Und nun? Nun muss Dieter Wedel unbedingt einen Zweiteiler über 3 volle Stunden drehen. “Gier” beginnt dynamisch und steigert sich sogar noch im Laufe der Handlung. Doch nach ca. einer Stunde ist der Höhepunkt erreicht und die gesamte Handlung dreht sich im Kreis. Das einst so hohe Spannungsniveau sinkt ins bodenlose. Immer wieder verspricht Dieter Glanz, dass die Auszahlung stattfinden wird und immer wieder verschiebt er diese kurzfristig. Während Glanz seine Gläubiger zu Beginn des Films noch einfallsreich und glaubhaft über den Tisch zieht, wird es mit fortschreitender Handlung immer lächerlicher. Der Zuschauer fragt sich, wie dumm die handelnden Personen nur sein können. Selbst nach dem viele finanziell ruiniert sind, Häuser, Geschäfte, Familie und Freunde verloren haben, glauben sie noch immer den Versprechen des Dieter Glanz. Einige investieren sogar noch mehr Geld, obwohl sie nie irgendeine Gewinnausschüttung erhalten haben. In den “letzten” 2 Stunden des Films wird dies so unrealistisch, dass sich der Zuschauer mit der aufkommenden Langeweile nur noch eins wünscht: Erlösung.

Die kommt nach ca. 3 Stunden zumindest, wenn man “Gier” so lange ertragen hat. Das Ende ist ebenso unspektakulär, wie die sich dahin ziehende Handlung.

Fazit:

“Gier” ist ein sehenswerter Film, wenn man nach einer Stunde den Fernseher ausstellt. Warum Dieter Wedel unbedingt einen dreistündigen Zweiteiler inszenieren musste, bleibt ein Rätsel. War es vielleicht Gier?

“Gier” ist wie eine Finanzblase. Der Film weckt anfangs große Erwartungen, die im Verlaufe des Films aber zerplatzen. In diesem Punkt ähnelt der Film seinem Hauptdarsteller: große Erwartungen, nichts dahinter. Es ist, als ob der Film sich selbst parodieren wolle. “Gier” taugt weder als Gesellschaftssatire noch als glaubhafte Kapitalismuskritik.

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